C. Spangenberg, der Mansfelder Chronist, schreibt in seiner Mansfeldischen Chronika über die Kirche in Siersleben: "Dieses Dorf hat allzeit seine eigene Kirche, St. Andreas genannt, und auch seinen eigenen Pfarrherrn gehabt, welcher nach dem Bauernlärmen [Bauernkrieg] auch Augsdorf und Heubitz [Hübitz] mit versorgen müssen, wiewohl Heubitz auch zuvor ein Filial gen Siersleben gewesen, bei welcher Kirche sie auch viel getan".
Der Ursprung der Kirche ist eine kleine Kapelle welche, wie es in den ersten Jahrhunderten nach der Ausbreitung des Christentums üblich war, wahrscheinlich auf einer alten Kultstätte erbaut wurde.
Der untere Teil des heutigen Turmes ist diese kleine Kapelle. Sie hat starke Mauern und von der Westseite zwei kleine, schmale, an Schießscharten erinnerte, romanische Fenster. Diese könnten darauf hindeuten, dass die Kapelle und später der Turm in den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens aller Wahrscheinlichkeit nach auch Wehrzwecken gedient haben.
Der Eingang in die Kapelle erfolgte offenbar von der Ostseite. Die jetzt in der Nordseite befindliche Tür ist erst im Jahre 1892 eingebrochen worden. Das Turm-Untergeschoß, welches, wie
erwähnt, die ursprüngliche Kapelle darstellt, besitzt ein Kreuzgewölbe in flachen Rundbogen.
Die Abmessungen des Raumes sind 4,5 x 6 Meter. In den Ecken befinden sich zierliche Säulchen mit gotischen Kapitellen. Der Aufgang zum Turm erfolgte bis zu dem im Jahre 1892
erfolgtem Umbau, der sich beim Einbau der neuen Orgel notwendig machte, mittels einer Wendeltreppe inmitten der an dieser Stelle verstärkten Ostwand des Turmes. Zu beiden Seiten der
Wendeltreppe führten im Erdgeschoß Türen in das später angebaute Kirchenschiff.
Die Ostseite des Turmes zeigt zwei dicht nebeneinander liegende, rein gotische Fenster, dem gotischen Rahmen sind die frühgotisch gekuppelten Fenster eingefügt. Die Architektur (weißer
Sandstein) ist noch verhältnismäßig gut erhalten, wenngleich auch beim rechten Fenster das runde Mittelsäulchen durch einen Mauerklotz recht unsensibel verstärkt wurde. Diese Festmachung wirkt
indessen lange nicht so störend und unschön wie beim Südfenster.
Der Turm trug in der Frühzeit ein Dach wie man sie noch heute an einigen Kirchen unserer Umgebung (z.B. Bösenburg, Heiligenthal) sehen kann. Dieses Dach wurde vermutlich 1795 durch
den heutigen Turmhelm ersetzt. Die Turmuhr mit ihren drei Zifferblättern und Schlagwerk wurde im Jahr 1902 eingebaut.
Der Taufstein, aus Sandstein gehauen, stammt aus dem Jahre 1718. Er ist leider im 19. Jahrhundert (?) mit Ölfarbe "verschönt" worden. Dazu gehören eine zinnerne Taufschale, deren Alter nicht feststellbar ist, und eine Taufkanne aus Messingblech aus dem 19. Jahrhundert.
An Altargeräten sind vorhanden:
Die mutmaßlich erste Orgel stammte aus dem späten Mittelalter. Im Jahre 1892 wurde eine neue angeschafft, die vom Orgelbaumeister Ladegast aus Weißenfels gebaut wurde. Diese wurde im
Jahre 1910 durch einen Blitzeinschlag in die Kirche stark beschädigt; eine Reihe Pfeifen wurden angeschmolzen. Auch im Inneren der Kirche wurden Verwüstungen angerichtet.
Im I.Weltkrieg mussten die Pfeifen der Orgel für Kriegszwecke abgegeben werden - für 471,59 Reichsmark. Im Jahre 1926 aber erhielt die Orgel wieder neue Prospektpfeifen; die Arbeiten führte
Hof-Orgelbaumeister Strobel aus Frankenhausen aus.
Die Kirche fungierte als Mutterkirche (Mater) gegenüber St. Anna (Augsdorf) und St. Georg (Hübitz) - aber nicht gegenüber St. Georg (Thondorf).
Die Geistlichen an St. Andreas
Noch heute, mehr als 100 Jahre nach seiner aktiven Dienszeit, unterstützen die Nachfahren Pfarrer Herrmanns die Siersleber Kirche sehr großzügig.
Der Alte Friedhof
Im Besitz der Siersleber Kirchengemeinde befinden sich zwei Friedhöfe. Der Alte Fried- bzw. Kirchhof umgibt die Kirche in althergebrachter Weise. Seine Größe beträgt etwa 4800 Qudratmeter. Er ist von einer Mauer aus Mansfelder Wickelschlacken umgeben. Seine Entstehung dürfte in die Zeit fallen, in der die erste Kapelle (der untere Teil des heutigen Turmes) erstand. Die abseitige Lage vom alten Dorfkern um den Dorfteich herum auf einer Anhöhe spricht dafür, daß die Anlage in den ersten Anfängen auch Verteidigungszwecken gedient haben mag. Seine Bestimmung als Friedhof hat der Platz vermutlich sehr früh gefunden, so dass er durchaus 700 - 800 Jahre oder mehr als Begräbnisstätte gedient hat. Welche Stürme auch über unseren Ort zogen, Krieg, Pest, Feuer, Unglück und Not - hier herrscht ewiger Frieden.
Von Grabstätten ist heute leider nur noch sehr wenig zu sehen. Gruppen hochgewachsenen Flieders beherrschten noch in den 1950ern das Bild. Dazwischen kräftige Bäume, das Ganze unterbrochen
durch Grünflächen; ein schönes Zeugnis der Kraft und des Lebens der Natur - auf längst Vergangenem sich erhebend. Zu beiden Seiten des Einganges zum Friedhof wurden viele Generationen der
alten Siersleber Familien zur ewigen Ruhe gebettet.
Auf der Nordseite des Friedhofes sieht man eine Anzahl ehemals schöner Barock-Grabdenkmäler aus weißem, heute stark verfärbt- und verwittertem Sandstein, Zeugen der einst blühenden Bösenburger
Steinmetz- und Bildhauerkunst. Vor allem fällt auf, ein mächtiger Sarkophag mit reichem Blattwerk und Engelsfiguren an den Schmalseiten und einem Wappen an der Stirnseite. In der umfangreichen,
stark verwitterten und deshalb kaum noch leserlichen, Beschriftung ist indessen der Name Schnee noch zu erkennen. Es kommen dann (nach Osten zu) vierkantige Steinblöcke mit
aufgesetzten Urnen, die im Grase liegen und ein Bild der Vergänglichkeit dokumentieren.
Weiterhin liegt eine breite, schon mit Gras überwucherte und zerfallene Grabplatte, einen Pastor im Talar darstellend, am östlichen Ende des Kirchengebäudes. Unter dieser Platte ruht Pastor
Michael Josua Hesse (1653–1673).
Auf der freien südlichen Fläche des Friedhofes erhebt sich ein gewaltiges Grabmonument aus neuerer Zeit, bestehend aus grauem Kalkstein mit Inschriften in Goldmosaik. Dieses Denkmal ließ im
Jahre 1926 August Wagner, der Stifter der Glasmosaiken in der Kirche und an der Friedhofskapelle des neuen Friedhofes, seinen Eltern errichten. Das Grabmal besteht aus drei korbförmigen
Steinen, wovon der mittlere, der größte, 40 Zentner [200 kg] wiegt. Unter diesem ruht August Wagner, ehemals Tischlermeister in Siersleben, links und rechts von ihm seine beiden
Ehefrauen, beide mit dem gleichen Vornamen Auguste.
Der Friedhof wurde 1893 geschlossen
Der Neue Friedhof
Der Neue Friedhof erstreckt sich an der Nordseite der Klostermansfelder Straße. Der Erwerb des Geländes zur Anlegung des Friedhofes bereitete Schwierigkeiten, da kein Siersleber Bauer Land dazu hergeben wollte. Da erbot sich Pfarrer Herrmann listigerweise, Pfarrland zu diesem Zwecke zur Verfügung zu stellen und tatsächlich - die Institution Kirche kaufte das Land aus der Hand eines ihrer Hirten. Sie bezahlte für einen Morgen 1.800 Mark - ein sehr hoher Preis, welcher aber wiederum der Kirchengemeinde in Form einer neuen Orgel zugute kam.
Der Friedhof war zunächst ein Morgen [2500 Quadratmeter] groß. Die Einweihung erfolgte mit dem ersten Begräbnis (Frau Bornemann, Anger) am 19. Febr. 1893. Am gleichen Tag wurde auch der alte
Friedhof geschlossen.
Siersleben war um die Jahrhundertwende auf 2.600 Seelen angewachsen und die Sterblichkeit infolge von Scharlach- und Diphterie-Epidemien sehr hoch, so dass der Friedhof im Jahre 1910 um einen
weiteren Morgen (ebenfalls Pfarracker) erweitert wurde.
Der Zugang für die in der Mitte des Friedhofs angelegte Kastanienallee lag für die neue Erweiterung nun ungünstig und so wurde für das neue Stück (auf Thondorf zu) ein neuer Eingang geschaffen und der dieses Stück teilende Weg 1926 mit Linden bepflanzt. Dieser neue Eingang wurde ausschließlich und nur an Beerdigungstagen geöffnet; beim bisherigen Eingang blieb alles beim Alten.
Als Einfriedung der gesamten Anlage dient an der Straßenfront, der Nord- und Ostseite ein Lattenzaun und an der Westseite eine Weißdornhecke.
Gemeinsame Ruhestätten befinden sich an der Ost-West- und Nordseite des Friedhofes und zu beiden Seiten der Lindenallee, letztere sind durch Tujahecken eingefaßt.
Im Jahre 1925 wurde auf Anregung des Begräbnisvereins ein Brunnen geteuft und dieser mit einer Pumpe und einem Wasserbassin versehen. An den Arbeiten beteiligten sich besonders der Kirchenälteste Steiger Pirl. Er leitete die Abteufarbeiten des Brunnens, welcher eine Tiefe von 14 Meter besitzt und mit Betonringen ausgebaut ist. Sein Wasserstand beträgt mindestens, auch in den trockensten Jahren, 5–6 Meter.
Da bis dato die Belegung des Friedhofes vollkommen planlos erfolgte, griff im Jahre 1926 eine neue Friedhofsordnung. Diese regelte, dass 1936 die Anlage ein zweites Mal, aber planvoll, um einen Morgen nach Norden zu erweitert wurde.
Die Aussegnungskapelle
1926 wurde auf dem Neuen Friedhof eine Aussegnungskapelle errichtet. Sie besteht aus Holzfachwerk und wurde in Spandau bei Berlin gefertigt und erworben. Der Begräbnisverein spendete hierzu einen
größeren Betrag. Die farbigen Fenster mit christlichen Motiven sind durch Sammlungen in der Gemeinde ermöglicht worden, ebenso die Vergoldungen des über dem Eingang befindlichen Kruzifixes. Zu
beiden Seiten des Einganges befinden sich als Geschenk von August Wagner zwei Mosaikbilder; im Innern der Kapelle befindet sich auch ein Harmonium.
Neben dem größeren Raum für die Trauerfeierlichkeiten existieren zwei kleinere.
Im Pfarrmatrikel vom 7. Mai 1663 wird das Pfarrhaus als bereits 1653 bestehend genannt - diese Aussage bezieht sich zumindest auf das untere Geschoss des Hauses und zählt somit zu den ältesten Gebäuden Sierslebens.
Das Gebäude ist zwar Eigentum der Kirchengemeinde St. Andreas Siersleben, für seinen Unterhalt aber sind seit den Bauernkriegen um 1525 zusätzlich noch die Gemeinden St. Annen (Augsdorf) mit 4/12 und St. Georg (Hübitz) mit 3/12 verantwortlich (5/12 entfallen auf Siersleben). Diese gemeinsame Verantwortlichkeit führte zu vielen Klagen aller drei Kirchengemeinden untereinander.
Die Pfarre (nicht die Kirche als Institution) besitzt etwa 40 ha Land plus Pfarrgarten. Aus den Einkünften daraus (und aus denen der Augsdorfer und Hübitzer Pfarren) wurde der Siersleber Pastor besoldet, so dass das Einkommen um 1910 etwa 30 Mark je Tag, also etwa 900 M im Monat, betrug - für diese Zeit in diesem Dorf geradezu fürstlich.
Die zur Pfarre gehörige Küsterei liegt einige Gehöfte weiter über dem Dorfteich. Wie zu dieser Zeit üblich beherbergte sie gleichzeitig bis 1878 die einklassige Dorfschule, deren Kantor gleichzeitig Küster und Organist war. Der letzte Kantor und Organist war Otto Köppe, der noch bis in die 1950er Jahre als Lehrer an der Grundschule Siersleben arbeitete.
Die katholische Kuratie in Siersleben umfasst(e) die Orte Siersleben, Augsdorf, Thondorf und Hübitz. Sie wird betreut von der katholischen Pfarrgemeinde St. Marien in Hettstedt, welche
Grundstücks- und Gebäude-Eignerin ist. Sie wird verwaltet vom Erzbischöflichen Kommissariat Magdeburg, welches der Zuständigkeit der Erzdiozöse Paderborn unterliegt.
In Siersleben, mitten im Kernland der Reformation gelegen, gab es mehrere hundert Jahre lang keine Katholiken. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Bergbau hier seinen größten
Aufschwung nahm und damit eine Vielzahl katholischer Bergleute, hauptsächlich aus Oberschlesien, Italien und Polen hier sesshaft wurden, änderte sich dies. Bei einer 1885 durchgeführten
Volkszählung wurden in Siersleben 77, in Augsdorf 35 und in Thondorf 12 katholische Einwohner gezählt.
Vom Jahre 1888 an setzte in Siersleben eine eigene seelsorgerische Betreuung ein. Der in Gerbstedt amtierende Missionsvikar Hermann Bruch hielt im Menagegebäude des (nördlichen)
Schlafhauses I Gottesdienste.
Ab 1890 wurde die katholische Gemeinde Siersleben von Burgörner (Hettstedt) aus betreut. In den Jahren 1899/1900 erhielt die Gemeinde ein eigenes Gotteshaus in der Siersleber Feldstraße.
Zum Gebäude gehörten auch ein Schulraum samt Lehrerwohnung; das Gotteshaus wird St. Bonifatius gewidmet.
1934 wurde dem Gebäude ein Türmchen als Dachreiter aufgesetzt, das eine kleine von der Gemeinde Müschede als Christengeschenk übereignete Glocke aufnahm. Der Glocke ist ein
historischer Wert zuzuerkennen, da sie während des Krieges in die Klasse D eingestuft wurde und somit "unter keinen Umständen" eingeschmolzen werden durfte.
Der größte Durchmesser beträgt 47 Zentimeter, der Ton ist "g" und das Gewicht liegt bei etwa 80 Kilogramm; sie wurde dem Hl. Hubertus gewidmet und trägt unter der Glockenkrone folgende
Inschrift:
Fridericus Schwegs me Fezit Monasterid Soli deo Gloria
(Fridericus Schwegs hat mich in Münster hergestellt. Allein Gott die Ehre)
Am oberen Rande läuft eine Bandverzierung mit Engeln und am unteren Rande liest man:
Ste. Huberte, ora pro nobis, Fusa anno jubilaria 1750
(Hl. Hubert, bete für uns! – Gegossen im Jubiläumsjahre 1750)
In den Jahren nach 1885 stieg die Zahl katholischer Bergleute ständig an. Seit 1909 fand der Gottesdienst deshalb allsonntäglich statt. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg nahm die Zahl der Katholiken jedoch wieder merklich ab. Während der (Ernte-) Saison war zwar immer eine größere Anzahl katholischer Tagelöhner im Kapellenbezirk, die aber nach der Ernte in ihre Heimat zurückzukehren pflegten.
Eine Zählung aller Einwohner im Jahre 1942 erbrachte für Katholiken folgendes Resultat:
74 in Siersleben, 34 in Augsdorf, 10 in Hübitz und 17 in Thondorf waren hier ansässig, wenig mehr als vor 50 Jahren.
Während des 2. Weltkrieges erfuhr Siersleben eine starke Vermehrung der katholischer Bürger, und zwar kamen im ersten Kriegsjahr polnische Kriegsgefangene, später auch ganze polnische
Familien hierher, für die Sondergottesdienste eingerichtet wurden. Vorübergehend (1939) waren auch Saarländer in Siersleben als Evakuierte, sie kehrten jedoch zum größten Teil noch im gleichen
Jahre in ihre Heimat zurück.
1944 kamen viele Katholiken aus der deutschen Bevölkerung Rumäniens und ließen sich vorwiegend in Augsdorf nieder. Etwas später fanden die großen Evakuierungen aus dem Rhein- / Ruhrgebiet
statt. Die Unterbringung der Betroffenen im Ort stellte ein ein großes Problem dar, welches sich allerdings mit der Rückkehr dieser in ihre westdeutsche Heimat löste. Dafür kamen nach Beendigung
des Krieges vertriebene Schlesier, Sudetendeutsche und Ungarn hierher, so daß Siersleben 1945 über 1.000 Katholiken zählte.
Einen eigenen Friedhof hat die katholische Gemeinde nicht; vor 1945 musste für eine katholische Beisetzung das Doppelte der (evangelischen) Gebühren bezahlt werden.
Das Gebäude wurde 2016 umgewidmet und wird derzeit als Senioren - Tagespflege-Station genutzt.
Die Geistlichen an St. Bonizazius bis Kriegsende