Die evangelische Kirche St. Andreas

C. Spangenberg, der Mansfelder Chronist, schreibt in seiner Mansfeldischen Chronika über die Kirche in Siersleben: "Dieses Dorf hat allzeit seine eigene Kirche, St. An­dreas ge­nannt, und auch seinen eigenen Pfarrherrn gehabt, welcher nach dem Bauern­lärmen [Bauernkrieg] auch Augsdorf und Heubitz [Hübitz] mit versorgen müssen, wiewohl Heubitz auch zuvor ein Filial gen Siersleben gewesen, bei welcher Kirche sie auch viel getan".

Der Ursprung der Kirche ist eine kleine Kapelle welche, wie es in den erst­en Jahrhunderten nach der Ausbreitung des Christentums üblich war, wahrscheinlich auf einer alten Kultstätte erbaut wurde.

Der untere Teil des heutigen Turmes ist diese kleine Kapelle. Sie hat starke Mau­ern und von der Westseite zwei kleine, schmale, an Schießscharten erinnerte, romanische Fenster.  Diese könnten darauf hindeuten, dass die Kapelle und später der Turm in den ersten Jahrhunderten ihres Beste­hens aller Wahr­scheinlichkeit nach auch Wehr­zwecken ge­dient haben.

Der Eingang in die Kapelle erfolgte of­fenbar von der Ostseite. Die jetzt in der Nordseite befindli­che Tür ist erst im Jahre 1892 ein­gebrochen worden. Das Turm-Unterge­schoß, welches, wie er­wähnt, die ur­sprüngliche Ka­pelle dar­stellt, besitzt ein Kreuzgewölbe in flachen Rundbogen.
Die Abmessungen des Raumes sind 4,5 x 6  Meter. In den Ecken befin­den sich zier­liche Säulchen mit gotischen Kapitel­len. Der Aufgang zum Turm erfolgte bis zu dem im Jahre 1892 er­folgtem Umbau, der sich beim Einbau der neu­en Orgel notwendig machte, mit­tels ei­ner Wendel­treppe inmitten der an die­ser Stelle ver­stärkten Ost­wand des Turmes. Zu beiden Seiten der Wendeltreppe führ­ten im Erdge­schoß Türen in das später ange­baute Kir­chenschiff.

Die Ostseite des Turmes zeigt zwei dicht nebeneinander liegende, rein gotische Fenster, dem gotischen Rahmen sind die frühgotisch gekuppel­ten Fenster eingefügt. Die Architektur (weißer Sandstein) ist noch ver­hältnismäßig gut erhalten, wenngleich auch beim rechten Fenster das runde Mittelsäulchen durch einen Mauerklotz recht unsensibel verstärkt wurde. Diese Festmachung wirkt indessen lange nicht so störend und unschön wie beim Südfenster.
Der Turm trug in der Frühzeit ein Dach wie man sie noch heute an einigen Kirchen unse­rer Umge­bung (z.B. Bösen­burg, Heiligenthal) sehen kann. Dieses Dach wur­de vermut­lich 1795 durch den heutigen Turmhelm ersetzt. Die Turmuhr mit ihren drei Zifferblät­tern und Schlag­werk wurde im Jahr 1902 eingebaut.

Der Taufstein, aus Sand­stein gehauen, stammt aus dem Jahre 1718. Er ist leider im 19. Jahr­hundert (?) mit Ölfarbe "verschönt" worden. Dazu gehören eine zinnerne Taufschale, deren Alter nicht feststell­bar ist, und eine Taufkan­ne aus Messingblech aus dem 19. Jahrhundert.


An Altargeräten sind vorhanden:

  •     2 Altarleuchter aus Messing (1659)
  •     1 Abendmahlskanne aus Zinn
  •     2 Abendmahlskelche, einer vergoldet, einer versilbert
  •     1 Ziborium (Speisebehälter vergoldet
  •     1 Patene (Hostientellerchen) vergoldet

Die mutmaßlich erste Orgel stammte aus dem späten Mittelal­ter. Im Jahre 1892 wurde eine neue angeschafft, die vom Orgelbaumeister Lade­gast aus Weißenfels gebaut wurde. Diese wurde im Jahre 1910 durch einen Blitzeinschlag in die Kirche stark be­schädigt; eine Reihe Pfeifen wurden angeschmolzen. Auch im Inneren der Kirche wurden Verwüstungen angerichtet.
Im I.Weltkrieg mussten die Pfeifen der Orgel für Kriegs­zwecke abgegeben werden - für 471,59 Reichsmark. Im Jahre 1926 aber erhielt die Orgel wieder neue Prospektpfeifen; die Arbeiten führte Hof-Orgelbaumeister Strobel aus Frankenhausen aus.

Die Kirche fungierte als Mutterkirche (Mater) gegenüber St. Anna (Augsdorf) und St. Georg (Hübitz) - aber nicht gegenüber St. Georg (Thondorf).

Die Geistlichen an St. Andreas

  • Anno 1246 ist ein Pfarrherr zu Siersleben geweser, Herr Ludolf geheißen, welcher dabei gewesen als die Kirche und Pfarre an Augsdorf dern Kloster zu Rotardesdorf [Roßdorf bei Helbra, wüst] übergeben und incorporieret worden.
  • Anno 1333 ist einer mit Namen Nicolaus als Pfarrherr gewesen, wird in vielen alten Briefen zu
    Zeugen angezogen.
  • 1523 ist Pfarrherr zu Siersleben gewesen Herr Johann Hildebrandt, ein echter Palger, so oft in Heckstedt [Hettstedt] dem Trunke nachgegangen, aber selten herausgegangen, ehe er eine Unlust angerichtet entweder andere geschlagen oder geschlagen worden, ist endlich als ein Bube [Straffälliger] entlaufen.
  • [...] und also ist Herr Georgius Eichhorn dasselbige mal um das Jahr 1526 Pfarrherr zu Siersleben werden und hat das Amt 40 Jahre verwaltet. Bei seiner Zeit sind aus der Kirche zwei Kelche, drei Meßgewand ein silbern Kreuz und eine silbern Monstanz gestohlen worden.
  • Anno 1566 kam Philippus Goldhahn, war anfangs nur Substitus der ward unlängst danach aussätzig. Darum hat man ihm seine Unterhaltung [seinen Unterhalt] verschaft; starb aber bald hernach. Anno 1570 den 30. Aprilius.
  • Dominus Chilianus Venatorius 1568 - 1574, von Eisleben gebürtig, so zuvor in Lüderstedt im
  • Amt Bayer Naumburg von Adiaphoristen verurlaubet worden. Ward aber hernach (1575 ) vonAccidenzern unbillig entsetzt und ist 1577 in Heubitz [Hübitz] mit Sohn im Exilio gestorben.
  • 1589 - 1608 Georg Zebitz hat das lutherische Glaubensbekenntnis, die Konkordienformel, mit unterschrie­ben.
  • 1608–1627: Johannes Kegel, ging nach Fienstedt
  • 1627–1630: Konstantin v. Sergen, vorher Rektor in Gerbs­tedt.
  • 1630–1653: Johannes Plessius, vorher Kantor in Hettstedt.
  • 1653–1673: Michael Josua Hesse, kam von Wansleben. Starb 1673 und liegt an der Siersleber Kirche begra­ben.
  • 1673–1676: Samuel Richter, kam von Ahlsdorf.1676–1717: Samuel Virna, war über 40 Jahre im Amt; am Hübitzer Kirchturm begraben. Seit dieser Zeit (1676) sind die Kirchenbücher vorhanden.
  • 1717–1754: Christoph Diem, vorher Rektor in Mansfeld und Pfarrer in Ahlsdorf und Ziegelrode.
  • 1754–1758: Friedrich Jericho, war von 1748 Substitut des Vorigen, dann 2. Pfarrer bis 1754, von da an Pfarrer bis 1758. Er starb im Alter von 40 Jahren.
  • 1758–1810: Marcus August Wiegfel, war vorher 5 Jahre Substitut zu St. Ni­kolai in Eisleben. Er amtierte in Siersleben 51 Jahre, war also 56 Jahre im Amt.
  • 1810–1849: Johann Friedrich Fromm, war ¾ Jahre Prädikant (Hilfsprediger) Wiegfels, dann hauptamtlich 39 Jahre; er wurde 76½ Jahre alt.
  • 1849–50: Die Stelle verwalteten die Pastoren Giebelhausen (Thondorf), Kästner (Polleben) und Rittweg (Helmsdorf).
  • 1850–1859: Gustav Adolf Klocke, zuvor in Hergisdorf und Ahlsdorf. Er führte strenge Kirchenzucht, so daß er oft leere Kirchen hatte. Er hat jahrzehntelang an einem Lungenleiden gekränkelt und starb schon mit 53 Jahren. Er, seine Frau und sie 2 Kinder sind auf dem hiesi­gen Friedhof beerdigt.
  • 1858–60: Pfarrer Schumann (Thondorf), vertrat Ludwig Schmidt.
    1860–1878: Superintendent Ludwig Schmidt, vorher in Nordhausen, war gewandter Geschäftsmann und tüchtiger Kanzelredner. Nach seiner Pensionierung verzog er wie­der nach Nordhausen, wo er starb.
  • 1878–1913: Julius Herrmann, war vorher Pfarrer in Alterode und Her­merode. Während seiner Amtszeit wurden die große Glocke (1887) und die Orgel (1892) beschafft. Am 2. April feierte er sein 50jäh­riges Amtsjubiläum. Die Gemeinde ehrte ihn mit einen Fackel­zug und vom weltbkannten Siersleben Glaskünstler Au­gust Wagner erhielt er ein prachtvolles Mosaikbild Luthers nach Lucas Cranach. Am 1. Okt. 1913 trat Pastor Herrmann nach 35 Jahren in den Ru­hestand. Er verzog nach Halberstadt und starb dort im Alter von fast 95 Jahren. Auf An­trag seines Nachfolgers wurde sein Bild in der Kirche an hervorra­gender Stelle auf­gehängt.

Noch heute, mehr als 100 Jahre nach seiner aktiven Dienszeit, unterstützen die Nachfahren Pfarrer Herrmanns die Siersleber Kirche sehr großzügig.

  • Noch jeweils ¼ Jahr fungierten die Hilfsprediger Pißler und Plate als Gemeindehirte, bis am
  • 1.4.1914: Paul Bernstein, vorher Pfarrer in Tremessen und Pogorzela (Provinz Posen) in Siersleben sein Amt antrat. Pfarrer Bernstein war der Initiator zahlreicher Liebeswer­ke für die im Feld stehenden Soldaten sowie für die Bedürftigen der Gemeinde. Er war unermüdlich tätig. Beson­dere Fürsorge widmete er den Kranken, die er fleißig besuchte; dies übte er während seiner ganzen Amtszeit. Paul Bernstein betä­tigte sich auch literarisch. Zwei Gedichtbände "Treu der Heimat" und "Vaterland" verdienen hervorgehoben zu werden. 1924 nahm er seinen Abschied, da seine Gesundheit durch den aufreibenden Dienst stark zerrüttet war. Er siedelte in das Harzdörf­chen Lim­lingerode über, verzog dann nach Marien bei Naumburg, wo er im Jahre 1936 starb.
  • 1925 - 1956 Friedrich Lohmeyer, kam aus Rees (Niederrhein); er feierte am Himmelfahrtstag 1950 sein 25jähriges Ortsjubiläum. Er starb am 15.03.1956 in Hettstedt. Seine Tochter die Katechetin Ida-Elisabeth (Idelies) Kamossa unterrichtete die Kinder des Dorfes in der Christenlehre; sie starb am 17.7.1989 in Sangerhausen; beide sind in Siersleben beerdigt.
  • 1956 - 1959 Friedrich Storck, Hilfsprediger aus Wolfsberg / Harz; wurde nach Ablauf seines Hilfsdienstjahres 1957 als Pfarrer in sein Amt eingeführt; er ging nach Schwanebeck bei Berlin.

Die Friedhöfe

Der Alte Friedhof

Ruhestätten der alten Siersleber Familie Schnee
Ruhestätten der alten Siersleber Familie Schnee

Im Besitz der Siersleber Kirchengemeinde befinden sich zwei Friedhöfe. Der Alte Fried- bzw. Kirchhof umgibt die Kirche in althergebrachter Weise. Sei­ne Größe beträgt etwa 4800 Qudratmeter. Er ist von einer Mauer aus Mans­felder Wi­ckel­schlacken umge­ben. Seine Entstehung dürf­te in die Zeit fal­len, in der die erste Kapelle (der untere Teil des heutigen Turmes) erstand. Die abseitige Lage vom alten Dorfkern um den Dorfteich herum auf einer Anhöhe spricht dafür, daß die Anlage in den er­sten Anfän­gen auch Verteidi­gungszwecken gedient haben mag. Seine Bestimmung als Friedhof hat der Platz vermutlich sehr früh gefunden, so dass er durchaus 700 - 800 Jahre oder mehr als Be­gräbnisstätte gedient hat. Welche Stürme auch über unseren Ort zogen, Krieg, Pest, Feuer, Unglück und Not - hier herrscht ewiger Frieden.

Von Grabstätten ist heute leider nur noch sehr wenig zu sehen. Gruppen hochgewachse­nen Flieders beherrschten noch in den 1950ern das Bild. Dazwischen kräftige Bäume, das Ganze un­terbrochen durch Grün­flächen; ein schönes Zeugnis der Kraft und des Le­bens der Natur - auf längst Ver­gangenem sich erhebend. Zu beiden Seiten des Einganges zum Friedhof wurden viele Genera­tionen der alten Siersleber Familien zur ewigen Ruhe gebet­tet.
Auf der Nordseite des Friedhofes sieht man eine Anzahl ehemals schöner Barock-Grab­denkmäler aus weißem, heute stark verfärbt- und verwittertem Sandstein, Zeugen der einst blü­henden Bösen­burger Steinmetz- und Bildhauerkunst. Vor allem fällt auf, ein mächtiger Sarkophag mit reichem Blattwerk und Engelsfiguren an den Schmalseiten und einem Wappen an der Stirnseite. In der umfangrei­chen, stark verwitter­ten und deshalb kaum noch leserlichen, Beschrif­tung ist indessen der Name Schnee noch zu erkennen. Es kommen dann (nach Osten zu) vierkantige Steinblöcke mit aufgesetzten Urnen, die im Grase lie­gen und ein Bild der Vergänglichkeit dokumentieren.
Weiterhin liegt eine breite, schon mit Gras überwucherte und zerfallene Grabplatte, einen Pastor im Talar darstellend, am östlichen Ende des Kirchengebäudes. Unter dieser Platte ruht Pastor Michael Josua Hesse (1653–1673).
Auf der freien südlichen Fläche des Friedhofes erhebt sich ein gewalti­ges Grabmonument aus neuerer Zeit, bestehend aus grauem Kalks­tein mit Inschriften in Goldmosaik. Dieses Denkmal ließ im Jahre 1926 der Glasmosaik-Künstler Au­gust Wagner, der Stifter der Glasmosai­ken in der Kir­che und an der Friedhofskapelle des neuen Friedhofes, sei­nen Eltern er­richten. Das Grabmal besteht aus drei korbförmi­gen Steinen, wovon der mittlere, der größte, 40 Zentner [200 kg] wiegt. Unter diesem ruht August Wagner, ehemals Tischlermeister in Siersleben, links und rechts von ihm seine beiden Ehefrauen, beide mit dem gleichen Vorna­men Augus­te.

Der Friedhof wurde 1893 geschlossen

Der Neue Friedhof

Der Neue Friedhof
Der Neue Friedhof

Der Neue Friedhof erstreckt sich an der Nordseite der Klostermansfelder Straße. Der Erwerb des Geländes zur Anlegung des Fried­hofes bereitete Schwierigkeiten, da kein Siersleber Bauer Land dazu hergeben woll­te. Da erbot sich Pfarrer Herrmann listigerweise, Pfarrland zu diesem Zwecke zur Verfü­gung zu stellen und tatsächlich - die Institution Kir­che kaufte das Land aus der Hand eines ihrer Hirten. Sie bezahlte für einen Morgen 1.800 Mark - ein sehr hoher Preis, welcher aber wiederum der Kirchengemeinde in Form einer neuen Orgel zugute kam.

Der Fried­hof war zunächst ein Morgen [2500 Quadratmeter] groß. Die Einweihung erfolgte mit dem ersten Begräbnis (Frau Bornemann, Anger) am 19. Febr. 1893. Am gleichen Tag wurde auch der alte Friedhof geschlossen.
Siersleben war um die Jahrhundertwende auf 2.600 Seelen angewachsen und die Sterblich­keit infolge von Schar­lach- und Diphterie-Epidemien sehr hoch, so dass der Fried­hof im Jahre 1910 um einen weiteren Morgen (ebenfalls Pfarracker) erweitert wurde.

Der Zugang für die in der Mitte des Friedhofs angelegte Kastanien­allee lag für die neue Erweiterung nun ungünstig und so wurde für das neue Stück (auf Thondorf zu) ein neuer Eingang geschaffen und der dieses Stück teilende Weg 1926 mit Linden bepflanzt. Dieser neue Eingang wurde ausschließlich und nur an Beerdigungstagen geöffnet; beim bisherigen Eingang blieb alles beim Alten.

Als Einfriedung der gesamten Anlage dient an der Straßenfront, der Nord- und Ost­seite ein Lattenzaun und an der Westseite eine Weißdornhecke.

Gemeinsa­me Ruhe­stätten befinden sich an der Ost-West- und Nordseite des Friedhofes und zu beiden Seiten der Lindenal­lee, letz­tere sind durch Tujahecken eingefaßt.

Im Jahre 1925 wurde auf Anregung des Begräbnisvereins ein Brunnen geteuft und dieser mit ei­ner Pumpe und einem Wasserbassin versehen. An den Arbeiten beteiligten sich besonders der Kirchenälteste Steiger Pirl. Er leitete die Abteufarbeiten des Brunnens, welcher eine Tiefe von 14 Meter besitzt und mit Betonringen ausgebaut ist. Sein Was­serstand beträgt mindestens, auch in den trockensten Jahren, 5–6 Me­ter.

Da bis dato die Belegung des Friedhofes vollkommen planlos erfolgte, griff im Jahre 1926 eine neue Friedhofsordnung. Diese regelte, dass 1936 die Anlage ein zweites Mal, aber planvoll, um einen Morgen nach Norden zu erweitert wurde.

Die Aussegnungskapelle

Aussegnungskapelle auf dem Neuen Friedhof
Aussegnungskapelle auf dem Neuen Friedhof

1926 wurde auf dem Neuen Friedhof eine Aussegnungskapelle errichtet. Sie besteht aus Holzfachwerk und wurde in Spandau bei Berlin gefertigt und erworben. Der Begräbnisverein spendete hierzu einen größeren Betrag. Die farbigen Fenster mit christlichen Motiven sind durch Sammlungen in der Gemeinde ermöglicht worden, ebenso die Vergoldungen des über dem Eingang befindlichen Kruzifixes. Zu beiden Seiten des Einganges befinden sich als Geschenk des Siersleber Künstlers August Wagner zwei Mosaikbilder; im Innern der Kapelle befindet sich auch ein Harmonium.
Neben dem größeren Raum für die Trauerfeierlichkeiten existieren zwei kleinere.

 

Das Pfarrhaus

Das Pfarrhaus von St. Andreas
Das Pfarrhaus von St. Andreas

Im Pfarrmatrikel vom 7. Mai 1663 wird das Pfarrhaus als bereits 1653 bestehend genannt - diese Aussage bezieht sich zumindest auf das untere Geschoss des Hauses und zählt somit zu den ältesten Gebäuden Sierslebens.

Das Gebäude ist zwar Eigentum der Kirchengemeinde St. Andreas Siersleben, für seinen Unterhalt aber sind seit den Bauernkriegen um 1525 zusätzlich noch die Gemeinden St. Annen (Augsdorf) mit 4/12 und St. Georg (Hübitz) mit 3/12 verantwortlich (5/12 entfallen auf Siersleben). Diese gemeinsame Verantwortlichkeit führte zu vielen Klagen aller drei Kirchengemeinden untereinander.

Die Pfarre (nicht die Kirche als Institution) besitzt etwa 40 ha Land plus Pfarrgarten. Aus den Einkünften daraus (und aus denen der Augsdorfer und Hübitzer Pfarren) wurde der Siersleber Pastor besoldet, so dass das Einkommen um 1910 etwa 30 Mark je Tag, also etwa 900 M im Monat, betrug - für diese Zeit in diesem Dorf geradezu fürstlich.

Die zur Pfarre gehörige Küsterei liegt einige Gehöfte weiter über dem Dorfteich. Wie zu dieser Zeit üblich beherbergte sie gleichzeitig bis 1878 die einklassige Dorfschule, deren Kantor gleichzeitig Küster und Organist war. Der letzte Kantor und Organist war Otto Köppe, der noch bis in die 1950er Jahre als Lehrer an der Grundschule Siersleben arbeitete.


Die katholische Kirche St. Bonifatius

Ehemalige katholische Kirche St.Bonifatius
Ehemalige katholische Kirche St.Bonifatius

Die katholische Kuratie in Siersleben umfasst(e) die Orte Siersleben, Augs­dorf, Thondorf und Hübitz. Sie wird betreut von der katholischen Pfarrgemeinde St. Marien in Hettstedt, welche Grundstücks- und Ge­bäude-Eignerin ist. Sie wird verwaltet vom Erzbischöfli­chen Kom­missariat Magdeburg, welches der Zuständigkeit der Erzdiozöse Paderborn unterliegt.
In Siersleben, mitten im Kernland der Reformation gelegen, gab es mehrere hundert Jahre lang keine Katholiken. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Bergbau hier seinen größten Aufschwung nahm und damit  eine Vielzahl katholischer Bergleute, hauptsächlich aus Oberschlesien, Itali­en und Polen hier sesshaft wurden, änderte sich dies. Bei einer 1885 durchgeführten Volkszählung wurden in Siersleben 77, in Augsdorf 35 und in Thondorf 12 katholische Einwohner gezählt.
Vom Jahre 1888 an setzte in Siersleben eine eigene seelsorgerische Be­treuung ein. Der in Gerbstedt amtierende Missionsvikar Hermann Bruch hielt im Menagegebäude des (nördlichen) Schlafhauses I Gottesdienste.

Ab 1890 wurde die katholische Gemeinde Siersleben von Burgörner (Hettstedt) aus betreut. In den Jahren 1899/1900 erhielt die Gemeinde ein eigenes Gotteshaus in der Siersleber Feldstraße. Zum Gebäude gehörten auch ein Schulraum samt Lehrerwohnung; das Gotteshaus wird St. Bonifatius gewidmet.
1934 wurde dem Gebäude ein Türmchen als Dachreiter aufgesetzt, das eine kleine von der Gemein­de Müschede als Christengeschenk übereignete Glocke aufnahm. Der Glocke ist ein histori­scher Wert zuzuerkennen, da sie während des Krieges in die Klasse D einge­stuft wurde und somit "unter keinen Umständen" ein­geschmolzen werden durfte.
Der größte Durchmesser beträgt 47 Zentimeter, der Ton ist "g" und das Gewicht liegt bei etwa 80 Kilogramm; sie wurde dem Hl. Hubertus gewidmet und trägt unter der Glockenkrone folgende Inschrift:

 

Fridericus Schwegs me Fezit Monasterid Soli deo Gloria
(Fridericus Schwegs hat mich in Münster hergestellt. Allein Gott die Ehre)

 

Am oberen Rande läuft eine Bandverzierung mit Engeln und am unteren Rande liest man:

 

Ste. Huberte, ora pro nobis, Fusa anno jubilaria 1750
(Hl. Hubert, bete für uns! – Gegossen im Jubiläumsjahre 1750)

 

Gedenkblatt zur Hubertusglocke (1932)
Gedenkblatt zur Hubertusglocke (1932)

In den Jahren nach 1885 stieg die Zahl katholischer Bergleute ständig an. Seit 1909 fand der Gottesdienst deshalb allsonntäglich statt. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg nahm die Zahl der Katholiken jedoch wieder merklich ab. Während der (Ernte-) Saison war zwar immer eine größere Anzahl katholischer Tagelöhner im Kapellenbezirk, die aber nach der Ernte in ihre Heimat zu­rückzukehren pflegten.

Eine Zählung aller Einwohner im Jahre 1942 erbrachte für Katholiken folgendes Resultat:
74 in Siersleben, 34 in Augsdorf, 10 in Hübitz und 17 in Thondorf waren hier ansässig, wenig mehr als vor 50 Jahren.
Während des 2. Weltkrieges erfuhr Siersle­ben eine starke Ver­mehrung der katholischer Bürger, und zwar kamen im er­sten Kriegsjahr polni­sche Kriegsgefangene, später auch ganze polnische Familien hierher, für die Son­dergottesdienste eingerichtet wurden. Vor­übergehend (1939) waren auch Saarländer in Siersleben als Evakuierte, sie kehrten jedoch zum größten Teil noch im gleichen Jahre in ihre Hei­mat zurück.
1944 kamen viele Katholiken aus der deut­schen Bevölkerung Rumäniens und ließen sich vorwiegend in Augsdorf nieder.  Etwas später fanden die großen Evakuierungen aus dem Rhein- / Ruhrgebiet statt. Die Unterbringung der Betroffenen im Ort stellte ein ein großes Problem dar, welches sich allerdings mit der Rückkehr dieser in ihre westdeutsche Heimat löste. Dafür kamen nach Beendigung des Krieges vertriebene Schlesier, Sudetendeutsche und Ungarn hierher, so daß Siersleben 1945 über 1.000 Katho­liken zählte.

Einen eigenen Friedhof hat die katholische Gemeinde nicht; vor 1945 musste für eine katholische Beisetzung das Doppelte der (evangelischen) Gebühren bezahlt werden.

Das Gebäude wurde 2016 umgewidmet und wird derzeit als Senioren - Tagespflege-Station genutzt.

Die Geistlichen an St. Bonizazius bis Kriegsende

  • 1888-1894: Hermann Bruch, Missionsvikar in Gerbstedt (1888-1890) und Hettstedt (1890-94), erwarb das Kir­chengrundstück in Hettstedt und erbaute die Kirche daselbst.
    Ge­storben 1922 als Pfarrer in Malchendorf.
  • 1894-1899: Wilhelm Keiter, Missionsvikar in Hettstedt. Er kaufte das Kirchengrundstück in Siersleben. Gestorben 1940 als Pfarrer in Germete, Kreis Warburg, Westfalen.
  • 1899-1901: Franz Neureuter, Missionsvikar in Hettstedt. Erbauer der Kapelle und Schule in Siersleben. Gestorben als Gymnasialprofes­sor in Halberstadt.
  • 1901-1907: Heinrich Fürst, Missionsvikar in Hettstedt.
    Gestorben 1945 als Pfarrer in Dössel, Kreis Warburg, Westfalen.
  • 1907-1908: Anton Köhne, Pfarrvikar in Hettstedt.
    Gestorben 1948 als Pfarrer in Peckelsheim, Kreis Warburg, Westfalen.
  • 1908-1910: Wilhelm Holtkort, Pfarrvikar in Hettstedt.
    Gestorben 1936 als Pfarrer in Helden (Sauerland).
  • 1910–1914: Theodor Lotz, Pfarrvikar in Hettstedt.
    Gestorben 1943 als Pfarrer in Bochum-Riemke.
  • 1909-14: Emil Boeddicker, Übernahm den Sonntagsgottesdienst in Siersleben.
    Pfarrvikar in Sandersleben (v. 1908).
    Gestorben 1936 als Geistl. Rat, Domvikar, Erzbischöfl. Sekretär und Notar in Pa­derborn.
  • 1914-1929: Heinrich Leonhardt, Pfarrvikar in Hettstedt.
    Gestorben als Pfarrer in Ramsbeck, Kreis Meschede.
  • 1929-1937: Hermann Berg, Pfarrvikar in Hettstedt.
    Versetzt nach Werl / West­falen in das Mariannenhospital als Hausgeistlicher.
  • 1937-1945: Alfred Franzen, Pfarrvikar in Hettstedt.